Vom Umgang mit Gedanken

Durch die Übung von Innehalten, Atmen und das Beobachten von Körperempfindungen arbeiten wir in MBSR kontinuierlich daran, Raum in uns zu schaffen, der von Bewusstsein durchdrungen wird. Ein Raum der nicht mehr nur von automatischen Reaktionen regiert wird, sondern zunehmend auch als Spielraum erfahren werden kann.

In Stresssituation reagieren wir sowohl auf der Ebene der Gedanken als auch des Körpers. Der Körper ist dabei ein wunderbares Wahrnehmungs-Instrument und ein guter Freund, um Stressauslöser zu identifizieren. Über ihn erfahren wir wichtige Frühwarnsymptome, die auf der Ebene der Gedanken weitaus schwieriger zu erfassen sind. Diese Erfahrung lässt sich durch Übung auch in weiterer Folge auf die Gedanken übertragen.

Unsere Gedanken und speziell jene, die mit Bewertungen einhergehen, entscheiden in hohem Maße darüber, wie wir Stress erleben und darauf reagieren. Ein Großteil des belastenden Anteils von Stress entsteht im Kopf. Dies wussten bereits die alten Griechen wie folgendes Zitat belegt:

[quote]Die Menschen werden nicht durch die Ereignisse selbst, sondern durch die Sicht der Ereignisse beunruhigt. (Epiktet)[/quote]

Durch die Achtsamkeit auf die Gedanken in der Sitzmeditation erlernen wir, stressverschärfende Gedanken wahrzunehmen und mit einer freundlichen Haltung zu beobachten. Wir erfahren, dass Gedanken als Ereignisse verstanden werden können, die vorübergehend erscheinen, also kommen und gehen. Dies zu erlernen erfordert Übung, Ausdauer und Geduld. Indem wir uns auf diese Einsicht beziehen, verlieren die Gedanken immer mehr an Macht über uns, besonders in schwierigen Situationen.

Entgegen gängigem Verständnis geht es in der Meditation nicht darum, einen Zustand von Gedankenleere zu erreichen, sondern Gedanken als solche zu erkennen und dann auch wieder ziehen zu lassen. Die Forschungsfrage welche wir damit an uns selbst richten lautet: Bin ich meine Gedanken oder habe ich Gedanken?

Akzeptieren

Wenn Gedanken sehr hartnäckig oder schwierig sind, besteht der erste Schritt immer darin, sie vorerst einmal wahrzunehmen und ihre Anwesenheit anzuerkennen. Wir sollten uns in keinem Fall dafür verurteilen oder bestrafen, dass sie da sind!

Alternativ kann man ganz bewusst  Selbstmitgefühl entwickeln, indem man innerlich formelhafte Sätze wie „die Gedanken dürfen da sein“, „ich darf Fehler machen“ ausspricht. Das „Ich darf“ ist ein Ausdruck von Akzeptanz und ein Schritt zur inneren Erlaubnis hin, so denken zu dürfen, wie man es gerade tut.

Hinterfragen

Du kannst dir aber auch Fragen stellen wie:

  • Ist das wirklich so?
  • Ist dieser Gedanke hilfreich?
  • Würde eine andere Person, die ich schätze, diesen Gedanken als hilfreich erleben?
  • Was würde ein guter Freund oder eine gute Freundin sagen?
  • Was genau ist so schlimm daran?

Naturphänomen

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass wir von Zeit zu Zeit den Himmel zu unserem Beobachtungsfeld erklären, um darin das Wesen unserer Gedankenwelt zu erkennen.

Schaue in den Himmel und beobachte die Wolken wie sie vorüberziehen. Stelle dir vor, du wärst der Himmel und die Gedanken wären die Wolken die da kommen und gehen, sich fortlaufend verändern. 

In diesem Sinnbild sind Wolken die Gedanken und der Himmel die Achtsamkeit. 

Atmen und Empfinden

Und immer wieder können wir uns, wenn wir uns in Gedanken verloren haben, auf die einfache Übung der Atem- und Empfindungsbeobachtung beziehen.